Pressebericht Mainz 18.10.2006

copyright Wiesbadener Tagblatt (20.10.)

Erinnerung an jenen Sündenfall vor nun 36 Jahren

Die Alt-Rocker von "Status Quo" in der Mainzer Phönixhalle: Schlichter Rock ´n´ Roll und stampfender Blues

MAINZ Immer in die Vollen.
Ein mächtiges Orgeln brummt durch den Saal, der Vorhang mit dem Tournee-Motto "Just doin´ it!" beginnt zu flattern, rauscht dann erbarmungslos zu Boden, und vor einer bühnenbreiten Lautsprecher-Batterie schütteln und schwenken drei Mannen im statuarischen Ausfallschritt die Gitarrenhälse - schön synchron, damit nur nicht der Eindruck entsteht, hier könnten Individualisten unterwegs sein. Die Rhythmusgitarre knarzt und schnarrt, der Bass wummert - die Brachial-Rocker von "Status Quo", seit 40 Jahren unterwegs, beginnen ihr Konzert in der Mainzer Phönixhalle so, wie sie jedes Konzert beginnen: laut.

Simpel gestrickt.
Zu fünft sind sie da oben und bedienen das erwartungsfroh die Arme reckende Publikum mit jenen zwei Formaten, von denen man denken sollte, sie reichten allenfalls fürs Intro: mit sehr, aber wirklich sehr schlichtem Rock´n´Roll und einem genauso simpel gestrickten, stampfenden Blues. Aber die musikalische Magerkost setzt sich fort: Wer den ersten Song "Caroline" gehört hat, hat praktisch alle gehört - "Down, Down" und "Rockin´ All Over The World" inclusive.

Zwei von der Ur-Formation
Von der Ur-Formation aus legendären "Pictures-Of-Matchstick-Men"-Zeiten sind nur noch Sänger Francis Rossi und Gitarrist Rick Parfitt dabei. Der schlaksige Rossi in weißem Hemd und Weste ist der Entertainer. Singen kann er auch - an der Gitarre aber gibt er eher den Minimalisten. Parfitt hingegen ist der Mann fürs Grobe - Headbanging ist nach dem Saitenschrubben seine Lieblingsdisziplin. Die beiden müssten sich noch erinnern, welch ein fabelhaftes Material ihnen um 1968/69 zu Gebote stand: "Ice In The Sun", "Are You Growing Tired Of My Love". Sie spielen heute nichts mehr davon.

Hoher Symbolwert
Der Sündenfall fand 1970 statt - mit dem Sonderangebots-Blues "Down The Dustpipe". Eine Strophe daraus findet in Mainz als Mittelstück eines Medleys ins Programm - hoffnungslos übersteuert, aber von hohem Symbolwert. Einziges frühes Stück des gesamten, knapp zweistündigen Gigs ist das beiläufig aus überwiegend akustischen Gitarren gekitzelte "Gerdundula". Da gesellt sich der Organist zu den drei Gitarristen, übermütig zupfen sich die Vier durch die Petitesse mit orientalischem E-Gitarren-Einsprengsel. Und dieser Moment, in dem das Quartett da schelmisch am Bühnenrand herumalbert und noch richtig Musik macht, ist der mit Abstand schönste des ganzen Konzerts.

Jens Frederiksen