Pressebericht Heilsbronn 23.09.2005

copyright Fränkische Landeszeitung (Steffen Windschall)

Seit 40 Jahren: Rocken was das Zeug hält

HEILSBRONN. Säße einem Francis Rossi inkognito gegenüber in einem Regionalbahn-Abteil, irgendwo zwischen Ansbach und Nürnberg, könnte man ihn für einen älternden Studienrat halten. Vielleicht Kunst. Vielleicht auch Deutsch und Geschichte.

Kein Wunder, wenn der hagere Typ in Heilsbronn aussteigen und mit schwingendem graumelierten Pferdeschwanz zur örtlichen Realschule schlendern würde, sinnierend über die Fragen der anstehenden Zehntklass-Ex "Popkultur der Sechziger", Mr. Rossis Spezialgebiet.

Jedoch stand der Brite am Freitag freilich nicht im Heilsbronner Klassenzimmer, sondern im Heilsbronner Zirkuszelt. Auf der Bühne. Vor sich keine 25 gähnenden Schüler, sondern knapp 1500 euphorische Jünger. Hinter sich einen gigantischen Turm aus Lautsprechern der Marke "Marshall". Und neben sich vier Altersgenossen und Landsmänner, bewaffnet mit Stromgitarren, Mikrofonen und einem fetten Schlagzeug.

Sie nennen sich "Status Quo" und ihr Name ist Programm. Seit vierzig Jahren machen sie nichts anderes als an diesem Abend: Rocken was das Zeug hält. Eins, zwei, drei, vier - was die Ramones, Motörhead und AC/DC in den Folgejahrzehnten kultiviert haben, wurde von Status Quo gepflanzt:
Was zur Hölle nutzen dem Rock 'n' Roll Anspruch und Abwechslungsreichtum, wenn die Chose nicht ins Hirn fährt?

Einfach ehrlich

Bei Status Quo jedenfalls ist zwanghaftes Kopfnicken und Fußwippen garantiert - Schmäher mögen es stumpf und einfallslos nennen, was Francis Rossi und Rick Parfitt mit wechselnden Musiker-Statisten seit Jahrzehnten so treiben, Liebhaber nennen es ehrlich und authentisch.

Objektiv gesehen ist es einfach vernünftig an dem bewährten Konzept festzuhalten. Denn jeder weiß, dass das geschickte Arrangieren von vier bis fünf Akkorden völlig ausreicht, um unzählige Platten zu verkaufen und einen Saal zum Kochen zu bringen. Beziehungsweise ein Zirkuszelt.

Fans der ersten Stunde brachten ihre Kinder und Enkel mit, die dem eisernen Vierviertel ebenso wenig widerstehen konnten wie die Altvorderen. Neben Motorradclub-Kuttenträgern standen - pardon: zuckten rhythmisch - Gruppen von Brigitte-Leserinnen. Und auch in Heilsbronn bestätigte sich der ewige Erste-Reihe-Status -Quo blonddauergewellter Mädels in Spandex-Jeans und Biker-Boots.

Dass Status Quo ein bisschen, naja rückwärtsgewandt sind (aktuelles T-Shirt-Motiv: "Famous in the last century"), kann ihnen niemand zum Vorwurf machen, verhindert doch ihr persönliches Reinheitsgebot peinliches Möchtegern-Mitderzeitgehen, das zum Beispiel die Rolling Stones schon seit den Achtzigern auf unangenehme Weise an den Tag legen.

Wenn Status Quo also nach zwei schweißtreibenden Stunden mit allen relevanten Hits als Zugabe ihen Über-Smasher "what you're proposin?" zum Besten geben, ist die Antwort klar:
Mr. Rossi, was wir vorschlagen, sind vierzig weitere Jahre Status Quo und keine Kompromisse.