Pressebericht Hannover 6.6.2003

copyright Hannoversche Allgemeine Zeitung (Uwe Janssen)

Draussen klingt's am besten

Gestern Abend hat der Freiluft-Musiksommer in der Stadt begonnen mit “Status Quo³ auf der Parkbühne. Die Musikshows unter freiem Himmel haben Konjunktur und eine lange Geschichte in Hannover. Ein Blick zurück nach vorn.

Rock im Grünen

Warm war“s, gemütlich war“s, und gerockt hat“s auch: Beim Start der Open-air-Saison auf der Gilde Parkbühne gab“s wirklich nichts zu meckern. Die Drei-Akkord-Boogiemaschine Status Quo lief wie geölt, und die knapp 3000 Fans hatten ihren Spaß. Auf der Bühne neben der Stadionsporthalle wird es im zweiten Jahr noch mehr Konzerte geben als im vergangenen Sommer. 5000 Menschen haben Platz, und wenn“s voll ist, kann man es sich immer noch draußen mit einem Picknickkorb bequem machen und zumindestens mithören. Gestern deutete sich mal wieder an: Ein Konzert in dieser musikalischen Grünanlage ist das Eintrittsgeld allemal wert.

Marius Müller-Westernhagen ließ es erst ganz still werden. Dann hob er an: “Wenn ich das jetzt sage, hebt sich hier das Dach.³ Und verkündete, dass Hannover 96 in Berlin soeben DFB-Pokalsieger geworden sei. Was dann an diesem 23. Mai 1992 im vollen Niedersachsen-Stadion passierte, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Das schafft keine Gänsehaut der Welt. Auch heute noch nicht. 60 000 Menschen unter freiem Himmel im Rausch. Warm war es. Der Rest war Party. Ein wunderbarer Abend. Nicht der einzige in der Open-air-Chronik Hannovers. Warum diese Stadt eine Open-air-Stadt ist? Weil sie grün ist. Weil die Bühnen im Grünen an der richtigen Stelle aufgebaut werden. Weil sie Macher mit Ideen hat. Weil gute Bands gerne kommen. Und wiederkommen.

Ach, stöbern wir noch ein bisschen in der Geschichte. 1982 ging¹s los im Stadion, mit den Stones. Aber hängen geblieben sind Eier und Tomaten. Vor allem an Peter Maffay, der im Vorprogramm nicht jedem passte. Scheint typisch für Stones-Vorprogramme zu sein. Zwölf Jahre später verhalf Phil Collins Hannover sogar zu einem Weltrekord: 240 000 Fans an vier Tagen. Collins kam häufig, er mochte die Stimmung im Stadion “Ich kann gigantische Arenen nicht leiden, aber Hannover ist anders³, sagte er. Diese Stimmung sprach sich herum. Bei Fans, Veranstaltern und Künstlern. Man feierte Partys. Zwar nur bis 23 Uhr, weil Südstadt-Anwohner sich gestört fühlten. Aber selbst das konnte die Freiluftfeten nicht aufhalten. Auch schlechtes Wetter nicht. Die Fans von Bon Jovi und Pink Floyd erwischte es richtig. Wer vorsorglich großflächigen Regenschutz eingepackt hatte, teilte ihn mit anderen. Floyd-Sänger David Gilmour sang in ein Meer von Plastikplanen. Aus heutiger Sicht gehört der Regen zu diesen Konzerten dazu. Nicht nur im Stadion. Wie soll man Momente festhalten wie den, als Randy Crawford im vergangenen Jahr auf der Parkbühne “Rainy Night in Georgia³ sang im hannoverschen Regen?

Auch kleinere Open-airs wie am Fössebad, am Fährmannsdreieck oder im Musiktheater Bad hatten ihre denkwürdigen Momente. Wie viel Spaß hat den Punkfans der Gitarrendreschercombo “The Bates³ im Sommer 1996 der Auftritt von Fool¹s Garden beim BAD-Open-air in Herrenhausen gemacht! Die biederen Melodiepopper (“Lemon Tree³), warum auch immer für dieses Festival engagiert, wurden von den johlenden Dosenbiertrinkern eine Stunde lang verhohnepiepelt und standen diese Farce tapfer durch.

Nicht alle Sommerbühnen hatten Bestand: Zwischen 1996 und 1999 pilgerten Popfans in den Sportpark, unweit von der heutigen, fest installierten Parkbühne neben der Stadionsporthalle. Dort erwirkten die Backstreet Boys im August 1997 höchsten Kreischfaktor, weil die meisten der 25 000 Fans jung und weiblich und entzückt waren.

Und dann war da noch das Expo-Westgelände. Schauplatz für nur zwei Konzerte, aber so viele Zuschauer wie am 26. Juni 1998 zu den Stones, 90 000 waren es, hatte Hannover bei einer Show noch nicht gesehen. Toll wäre da nicht das Gedrängel beim Abmarsch nach dem Konzert gewesen und die schlecht gesicherte Baugrube, in der so mancher Besucher dabei landete.

Hannover ist am Freitag mit Status Quo in die neue Open-air-Saison gestartet. Bis zum Herbst spielt die Musik draußen. Wetten, dass es hinterher wieder ein paar unvergessliche Geschichten zu erzählen gibt?